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Tag-Archiv für » Verfassungsschutz «

Verfassungen – Schutzmauern der Macht oder Landmarken demokratischer Zukunftsgestaltung?

Mittwoch, 13. Juni 2012 | Autor: hfe

von Martin Kutscha, Berlin

1)    Funktionen von Verfassungen

Wenn die Verfassung das ist, was der Verfassungsschutz schützen will, ist sie tatsächlich nur eine Art Festungswall für die Herrschenden. Einer solchen Sichtweise liegt allerdings ein interessiertes Missverständnis des Inhalts der Verfassung zu Grunde: Sie beruht auf einer Gleichsetzung der Verfassung mit dem Status quo der politischen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Dies zeigt folgendes Beispiel: Es wird nicht selten behauptet, die Forderung nach Vergesellschaftung der Banken sei verfassungsfeindlich. Aber richten wir nur den Blick auf Art. 15 GG. Danach können „Produktionsmittel“ in Gemeineigentum überführt werden. Sind Banken „Produktionsmittel“ in diesem Sinne? Was produzieren sie, außer (staatlich gesicherten) Gewinnen für ihre Eigner und massiven Verlusten für Kleinsparer? Einige Verfassungsrechtler verneinen deshalb die Frage, aber selbst  in einigen der anerkannten Grundgesetzkommentare wird sie bejaht, u. a. von dem Staatsrechtler Brun-Otto Bryde, immerhin ehemaliger Verfassungsrichter. Seine Begründung:

Von der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des Art. 15 her ist es nicht begründbar, gerade die ‚Kommandohöhen’ der Wirtschaft von der Sozialisierung auszuschließen.“ (in: v. Münch/Kunig [Hrsg.], Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 5. Aufl. 2000, Art. 15 Rdnr. 18). Der Begriff der Produktionsmittel sei deshalb weit zu verstehen und schließe grundsätzlich alle Wirtschaftsunternehmen ein. – Ist Bryde nun ein Verfassungsfeind?

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- Anmerkungen zum Verfassungsschutz -

Die Erkenntnisse des Polyphem

Donnerstag, 24. Mai 2012 | Autor: hfe

von Martin Kutscha

I. Die stille Beerdigung des Trennungsgebots

Im Oktober 2011 schien die Welt des Verfassungsschutzes noch in Ordnung zu sein. Von den Medien kaum zur Kenntnis genommen, beriet der Innenausschuss des Deutschen Bundestages eine Novelle zum Bundesverfassungsschutzgesetz. Im Wesentlichen, so ließen die Regierungsparteien verlauten, ginge es dabei um die Umsetzung der Ergebnisse einer Evaluierung der im Gefolge des 11. Septembers 2001 erlassenen Terrorismusbekämpfungsgesetze (Bundesregierung 2011). Die meisten der zur Sitzung des Innenausschusses am 17. Oktober geladenen Sachverständigen verliehen zwar einem gewissen Unbehagen an der Art und Weise der Evaluation Ausdruck, fanden am Gesetzentwurf der Bundesregierung allerdings nur wenig auszusetzen. Nur drei von ihnen, nämlich der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, der Freiburger Staatsrechtler Ralf Poscher sowie der Verfasser dieses Beitrages übten Kritik daran, dass dem Verfassungsschutz durch das Gesetz nahezu beiläufig einige neue Kompetenzen eingeräumt werden. weiter…

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