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Von der europäischen Konkurrenzordnung zum zentral organisierten benchmark nach unten – zum Pakt für den Euro

Donnerstag, 5. Mai 2011 | Autor: hfe | Diese Seite als PDF herunterladen

Von Andreas Fisahn

Die Refinanzierungsprobleme von Griechenland, Portugal, Irland und Spanien haben für alle offenkundig gemacht: die gemeinsame Währung gerät in Schwierigkeiten, wenn die Ökonomien der Nationalstaaten der Euro-Gruppe sich auseinander entwickeln. Der Lissaboner Vertrag erwies sich kurz nach dem Inkraftreten als Schönwetterkonstruktion, denn der Rettungsschirm für die Spekulationsopfer konnte nur am Vertrag vorbei – teilweise auch gegen ihn – als intergouvernementale Vereinbarung konstruiert werden. Der Rettungsschirm wurde zwischen den Regierungschefs der Euro-Staten und dem IWF ausgehandelt – eine Rechtsgrundlage im Vertrag findet sich nicht. Gleichzeitig hat die EZB sinnvollerweise, aber gegen die ausdrücklichen Bestimmungen des Vertrages angefangen, Staatsanleihen aus Griechenland aufzukaufen.

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Als intergouvernementale Vereinbarung wurde nun auf Vorschlag der Bundesregierung der „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ zur Agenda der EU. Wesentliche Bestandteile dieser Vorschläge wurden am 11. März 2011 von der Regierungschefs der Euro-Staaten als „Pakt für der Euro“ verabschiedet. Während der Tagung des Europäischen Rates am 24/25. März akzeptierten auch die Nicht-Euroländer Bulgarien, Dänemark. Lettland, Litauen, Polen und Rumänien die Zielvorstellungen und Maßnahmenkataloge des Paktes, der damit – mit gleichem Text – zum Euro-Plus-Pakt[1] wurde.

Das ist unter zwei Aspekten interessant: erstens dürften die Pakte einen Paradigmenwechsel in der (Nicht-)Regulierung einleiten, nämlich von der Konkurrenzordnung zum zentral organisierten benchmark nach unten. Zweitens scheint sich eine Institutionalisierung intergouvernementaler Strukturen abzuzeichnen, die Auswirkungen auf das Gefüge der Verträge haben wird. Um den Wechsel verständlich zu machen, ist zunächst ein Blick auf die Konkurrenzordnung der EU zu werfen, die in den geltenden Verträgen festgeschrieben wird.

1.    Die Wettbewerbsordnung der EU

Der Lissabon Vertrag, so wird die ganz große Koalition – also von der FDP bis zu den Grünen ─ nicht müde zu behaupten, sei sozial ausgewogen, er normiere eine sozialstaatliche und keineswegs eine Konkurrenzordnung. Schließlich enthalte Art. 3 III EUV folgende wunderbare Vorschrift: Die Europäische Union „wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität hin.“ Da ist sie also, die soziale Marktwirtschaft. Nun ist die „soziale Marktwirtschaft“ bekanntlich ein Kampfbegriff der Konservativen, der auf der Ebene des Kampfes um das Grundgesetz gegen den Sozialstaat und auf der politischen Ebene den demokratischen Sozialismus, der bis in die 1990er Jahre auch die SPD vertreten hat, in Stellung gebracht wurde. Die soziale Marktwirtschaft relativiert den Sozialstaat, der nämlich die Wirtschaft unter das Primat des Sozialen stellt – so hat jedenfalls noch Wolfgang Abendroth den Sozialstaat in Art. 20 GG verstanden. Aber den Europäischen Verträgen ist auch die soziale Marktwirtschaft schon suspekt. Deshalb wurde sie vorsichtshalber erweitert um ein „wettbewerbsfähig“ zur „wettbewerbsfähigen, sozialen Marktwirtschaft“. Das erinnert doch fatal an einen Wahlkampfslogan: „Sozial ist, was die Wettbewerbsfähigkeit erhöht.“

Die Wettbewerbsfähigkeit wird einer anderen Ordnung subsumiert, was Art. 120 AEUV deutlich macht: „Die Mitgliedstaaten und die Union handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird.“ Und die offene Marktwirtschaft findet sich nicht nur einmal im Vertrag – sie wird insgesamt vier Mal als Prinzip der unterschiedlichen Politikfelder geradezu beschworen. Auf der Ebene der Programmatik, da sollten keine Missverständnisse aufkommen, unterscheidet sich die „offene Marktwirtschaft“ von der „sozialen Marktwirtschaft“: das soziale Beiwerk fällt hinten rüber – der Markt an sich gilt als sozial. Das Projekt Europäischer Binnenmarkt ist ein Projekt „Offene Marktwirtschaft“, diese wird nämlich im Vertrag inhaltlich ausformuliert und durchdekliniert, während „das Soziale“ vereinzelt bleibt. Der „operative Teil“ der Verträge hält nicht, was in den Grundsätzen mit der „sozialen Marktwirtschaft“ versprochen wird.[2]

Verlassen wir also die Ebene der Grundsatzprogrammatik. Es hat sich inzwischen herumgesprochen: Das Projekt Europa ist ein Projekt „Gemeinsamer Binnenmarkt“, der insbesondere die Kapitalverkehrsfreiheit und die Warenverkehrsfreiheit umfasst. Die Idee der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft war zunächst darauf aus, Zollschranken zu beseitigen. Mit dem Binnenmarkt ist dagegen mehr gemeint, nämlich ungehinderter Wettbewerb, euphemistisch „freier Wettbewerb“ zwischen den Unternehmen und zwischen den Mitgliedstaaten. Die Europäischen Verträge und die Rechtsprechung des EuGH atmen diesen Geist, nicht nur dort, wo explizit der Wettbewerb beschworen wird. Wenn „freier Wettbewerb“ mehr meint als die Beseitigung von Zollschranken, dann meint er auch die Beseitigung von sonstigen Schutzvorschriften, bürokratischen Hindernissen und Einfuhrbeschränkungen. In diesem Sinne begann der EuGH schon Ende der 1970er Jahre die Europäischen Verträge zu interpretieren.

Gewisse Regulierungen erscheinen aber im Interesse der beteiligten Staaten wie der konkurrierenden Unternehmen als sinnvoll. Oder anders gesagt: Wettbewerb, so die Annahme, braucht gleiche Rahmenbedingungen, konkurriert werden soll um die ökonomische Effizienz, was vergleichbare Startbedingungen und Parcours voraussetzt. Deshalb hat sich die Europäische Union daran gemacht, Rechtsvorschriften im Bereich des Kapital- und Warenverkehrs zu harmonisieren, für alle Mitgliedstaaten einen annähernd gleichen Rechtsrahmen für den „freien“ Waren- und Kapitalverkehr zu schaffen. Das fängt an mit Mindeststandards im Umweltrecht, das inzwischen vollständig, d.h. für alle Medien und Schutzzwecke europäisch überformt ist, und endet längst nicht bei den Qualitätsanforderungen an die Waren zur Herstellung von Kompatibilität, beispielsweise zwischen deutschen Steckdosen und französischen Steckern. Die gelben Scheinwerfer französischer Autos verschwanden und die EU arbeitet daran, dass die Spurweiten für Eisenbahnen angeglichen werden, um die Interoperabilität des europäischen Streckennetzes zum Zwecke des Wettbewerbs herzustellen.[3] Schließlich verstieg sich die EU dazu, Normen etwa für Gurken, Bananen und Äpfel zu beschließen, die teilweise wieder abgeschafft wurden. Aber der Lernerfolg ist nur beschränkt: so gibt es aus dem Jahre 2010 eine Verordnung zur Beschaffenheit der Pizza Napoletana. Kurz: zum Zwecke der Herstellung eines europäischen Binnenmarktes werden die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten über das Europarecht harmonisiert.

Diese Harmonisierung erfolgte nur in einem Bereich ausschließlich als Deregulierung – nämlich im Bereich des Kapitalverkehrs, d.h. im Bereich der Finanzmärkte. Hier normieren die Verträge ein Liberalisierungsgebot und auch im Verhältnis zu Drittstaaten ein Re-Regulierungsverbot (Art. 63 f AEUV). Entsprechend wurde agiert: Kapitalverkehrskontrollen der Mitgliedstaaten wurden in der Form von Einfuhrgenehmigungen vom EuGH verboten[4] und von den Mitgliedstaaten in den 1990er Jahren in den unterschiedlichsten Formen abgeschafft. Die rot-grüne Bundesregierung setzte, veranlasst durch die OGAW-Richtlinie[5] der EU, im Jahre 2004 mit dem Investmentmodernisierungsgesetz[6] das I-Tüpfelchen auf die Deregulierungsorgie und beklagte sich anschließend über den Einfall der Heuschrecken. Die Entfesselung der Finanzmärkte ist schon im Normalmodus asozial, weil sie notwendig mit einer Umverteilung des produzierten Reichtums in die Finanzwirtschaft zu den Anlagebesitzern oder besser Spekulanten und Managern verbunden ist. Asozial ist der entfesselte Finanzmarkt erst recht im Krisenmodus nach dem Platzen der Spekulationsblase. Dann haften die Nationalstaaten, d.h. letztlich die Steuerzahler und Transferbezieher für die Misswirtschaft der Finanzindustrie.

Zurück zur Harmonisierung und Regulierung im Bereich des Warenverkehrs. Die wichtigste Grundlage ist Art. 114 (1) AEUV: Zur Verwirklichung des Binnenmarktes erlassen danach die Organe der EU im Verfahren der Mehrheitsentscheidung „die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten“.

Davon gibt es zwei Ausnahmen: Steuern und Soziales. Für die Steuern wird die zitierte Vorschrift in Abs. 2 gleich klargestellt: „Absatz 1 gilt nicht für die Bestimmungen über die Steuern“ (Art. 114 II AEUV). Die Klarstellung erfolgt „sicherheitshalber“, denn eigentlich sind die Steuerkompetenzen der EU ausreichend im vorangehenden Art. 113 geklärt, welcher lautet: „Der Rat erlässt gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts und die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen notwendig ist.“

Die Rechtsetzungskompetenz der EU im Bereich der Steuerpolitik beschränkt sich erstens auf die indirekten Steuern, also vor allem die Mehrwertsteuer. Aber auch diese Kompetenz hat zwei Einschränkungen. Die weniger wichtige ist die „Notwendigkeitsklausel“ – also sofern es notwendig ist, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Wichtiger ist, dass auch nach dem Lissaboner Vertrag über harmonisierte indirekte Steuern nur einstimmig entschieden werden kann. Man muss kein Prophet sein um zu prognostizieren: Das wird nicht vorkommen.

Das Ergebnis wurde in der Irland-Krise für alle sichtbar. Die Bundesregierung forderte, Irland müsse seine minimalen Unternehmenssteuern erhöhen, wenn es europäische Hilfen in Anspruch nehmen wolle. Dabei hat Irland folgerichtig gehandelt, d.h. die Konstruktion der EU-Verträge ernst genommen oder ausgenutzt – je nach Standpunkt. Der Wettbewerb des EU-Binnenmarktes findet ja keineswegs nur zwischen den Unternehmen statt, sondern auch zwischen den Nationalstaaten als Konkurrenz um Unternehmensansiedlungen. Da muss man nicht auf das Beispiel Nokia verweisen. Die Kohl-Regierung hat es in den 1990er Jahren geradezu zum Regierungsprogramm erhoben: Good Governance ist gute Standortpolitik. Das war nicht konservative Ideologie, sondern folgt zwingend aus den strukturellen Vorgaben der europäischen Verträge. Die Nationalstaaten werden zur Standorten: Politik reduziert sich auf die Bereitstellung günstiger Standortfaktoren – der Staat wird zum Wettbewerbsstaat.

Wenn aber weite Bereiche des i.w.S. Wirtschaftsrechts harmonisiert sind, kann der Wettbewerb, die Standortkonkurrenz nur in den nicht harmonisierten Bereichen stattfinden, d.h. im Steuerrecht und Sozialrecht. Standortwettbewerb im Steuerrecht lässt aber nur eine Entscheidung offen: Die Unternehmenssteuern senken! Oder allgemeiner gesprochen: die Belastungen für die Unternehmen senken – dann allerdings nicht nur für die Hoteliers. Genau diese Politik verfolgt die Bundesrepublik seit mehreren Jahrzehnten. Die Umverteilung im Bereich der Steueraufkommen hat eine direkte und eine indirekte soziale Wirkung. Direkt werden die „unteren“ Einkommensbezieher höher belastet, sowohl durch die Lohnsteuer wie durch die Mehrwertsteuer. Indirekt wirtschaftet sich der Staat durch den Verzicht auf die Besteuerung der Gewinne in die Schuldenfalle, die wiederum auf Kosten der i.w.S. sozialstaatlichen Leistungen gemildert wird.

Der Mechanismus wird durch die fehlende Kompetenz zur Harmonisierung im Bereich der Sozialsysteme verstärkt. Die Vorschriften im AEUV sind etwas komplizierter als die kurze Kompetenzvorschrift im Bereich des Steuerrechts. Auch hier wird mit Einstimmigkeitsregeln gearbeitet, etwa bei der Kompetenz im Bereich „soziale Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer“ sowie des Kündigungsschutzes (Art. 153 II AEUV). Ausdrücklich wird dort auch ein „Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten“ mit Blick auf die Europäische Sozialgesetzgebung normiert. Die Gesetzgebungskompetenz bezieht sich weiter nicht auf das „Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht“ (Art. 152 V AEUV). Daneben gibt es besondere Schutzklauseln; so soll die Sozialgesetzgebung der „Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen“ nicht entgegenstehen (ART. 153 IIb AEUV). Kurz: Es gibt zwar Kompetenzen der EU im Bereich der Sozialgesetzgebung, aber sehr eingeschränkte, so dass diese als zweites wichtiges Feld der Standortkonkurrenz zwischen den Mitgliedstaaten definiert wird. Der Druck auf die Sozialsysteme der BRD lässt sich mit Händen greifen, muss also nicht exemplifiziert werden. Diesen Mechanismus sieht man den Verträgen nicht direkt an, aber das Ergebnis einer Strukturanalyse ist eindeutig.[7]

2.    Krisenfolgen – Benchmarking nach unten

Die Standortkonkurrenz hat die deutsche Politik verinnerlicht, sie ist gleichsam zum Habitus der „etablierten“ Politiker geworden, der schließlich das Sozialgefüge der Republik durcheinander wirbeln konnte. Das wird sichtbar in der Lohnzurückhaltung bei den Tarifauseinandersetzungen, die zu einem Sinken der Lohnquote, und einem Sinken der Reallöhne[8] seit 2004 geführt haben und in einer allenthalben spürbaren Reduktion sozialstaatlicher Leistungen mit dem bisherigen Höhepunkt der Hartz IV „Reformen“. Der Widerstand gegen die Politik der Umverteilung und Senkung der Sozialstandards ist in Deutschland schwach.

Umgekehrt lässt sich zynisch sagen: das Konzept ist aufgegangen. Deutschland hat gegenüber den Nachbarländern einen „Wettbewerbsvorteil“. Die Wirtschaftskrise und die anschließende Euro-Krise haben dies sichtbar vor Augen geführt. Die deutsche Wirtschaft hat auf Exporte gesetzt und der Konjunkturmotor sprang 2010 dank der Exporte wieder an. Exportvizeweltmeister kann man aber nur sein, wenn man einen relativen Vorteil hat, der in Deutschland in der Produktivität oder den Lohnstückkosten liegt. Aber dieser Vorteil fällt den Standortpolitikern nun auf die Füße, weil – durchaus im Interesse der deutschen Exportindustrie – eine gemeinsame Währung eingeführt wurde. Bei einer gemeinsamen Währung funktioniert die Politik des beggar thy neighbour nur begrenzt, denn was der Nachbar importiert, kauft er notgedrungen „irgendwie“ auf pump. „Der Exporterfolg“ ist nicht „nachhaltig, weil die Nachbarn irgendwann nicht mehr in der Lage sind, ihre Schulden zu erhöhen“, schreibt Heiner Flassbeck.[9] Die Verschuldung der privaten und öffentlichen Haushalte steigt, bis in der Krise die Kreditwürdigkeit des Staates sinkt oder runter ge-rated wird. Ein Staatsbankrott hätte für die Kreditgeber ebenso schwerwiegende Folgen wie für die Finanzwirtschaft. Die EU greift zu Rettungsschirmen, die dem deutschen Stammtisch und Parlamentarier offenbar nur schwer zu vermitteln sind, da „Wir“ nun die – vornehm ausgedrückt – unsolide Politik der Griechen, Portugiesen usw. bezahlen sollen – tatsächlich müssen natürlich die Zinsen der Anleger gezahlt werden.

Tatsächlich hat die Konkurrenzordnung der EU und das Sparprogramm des Art. 126 AEUV, das über den „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ oder die berühmten Maastricht-Kriterien offenbar in anderen Euro-Staaten nicht die gleiche Wirkung wie in der BRD. Anders gesagt: die politischen Kräfteverhältnisse sehen dort anders aus, was dazu führt, dass beispielsweise die Franzosen den Aufruhr wagen, wenn das Rentenalter von 60 auf 62 Jahre angehoben wird, während es in Deutschland stillschweigend geschluckt wird, wenn die Rente erst mit 67 ausbezahlt werden soll oder besser: mittelfristig eine spürbare Rentensenkung über das Eintrittsalter durchgesetzt wird.

Nun gäbe es zwei Möglichkeiten das Auseinanderdriften der Euro-Staaten zu stoppen. Man könnte – wie es im Grundgesetz heißt – zur „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ sowie Arbeitsverhältnisse und zur „Wahrung (oder besser Herstellung) der „Wirtschaftseinheit“ (Art. 72 II GG) eine Angleichung gleichsam nach oben vornehmen. Das würde bedeuten, dass die Löhne in Deutschland entsprechend der Produktivität steigen und das Rentenalter herunter gesetzt wird. Außerdem müsste mindestens im EU-Raum ein Finanzausgleich stattfinden und möglicherweise die Freihandelsideologie nach außen aufgegeben werden. Den Finanzausgleich verbieten die EU-Verräge ausdrücklich, was zu den Schwierigkeiten bei der Lösung der Staatsfinanzkrisen beiträgt und sicher nicht mit dem Halbsatz gelöst werden kann, den die Bundesregierung – bisher gegen den Widerstand der meisten anderen Mitgliedsstaaten – dem Art. 136 AEUV hinzufügen will, um den europäischen Rettungsschirm zu legalisieren.[10] Wichtiger ist, dass die BRD trotz des Desasters der Finanzkrise an der grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Ausrichtung festhält. Das heißt, sie bleibt bei ihrer Austeritätspolitik, die auf Umverteilung, Sozialkürzungen, und öffentliche Sparprogramme setzt.

Weil sich diese gegen den Widerstand der Bevölkerung in den anderen Euro-Staaten nicht „automatisch“ über den Mechanismus des Wettbewerbs in ausreichendem Maße durchsetzen lassen, soll sie über die „Wirtschaftsregierung“ nach Merkel/ Sarkozy nun offenbar zentral verordnet werden. Am Beispiel Griechenland wurde deutlich, was gemeint ist: Um einen Kredit des europäischen Rettungsschirmes und des IWF zu bekommen, musste Griechenland sich einem harten Spardiktat und einer neoliberalen „Reformpolitik“ unterwerfen. Griechenland soll innerhalb von drei Jahren den Haushalt um 30 Milliarden kürzen, was jährlich etwa zehn Prozent des Haushaltsvolumens entspricht. Gefordert wurde von der EU ─ gestützt auf den Defizitmechanismus des Art. 126 AEUV ─ die Senkung der Gehälter nicht nur der öffentlichen Bediensteten, sondern allgemeiner „structural Measures and wage moderation“, weiter Maßnahmen um „Flexicurity“ auf dem Arbeitsmarkt herzustellen. Gefordert wird eine Änderung, d.h. im Zweifel Privatisierung des Renten und Gesundheitssystems und die Erhöhung des Rentenalters. Angeprangert wird von der Kommission, dass Griechenland weiter Wettbewerbsschranken aufrecht erhalte und insbesondere die Netze nicht liberalisiert seien. Folglich sollen die Netze (Strom, Telefon, Wasser, Bahn) dem Wettbewerb geöffnet werden.[11] Die Folgen der Umsetzung dieses Programms sind inzwischen messbar: Während die Bundesrepublik für 2010 ein Wirtschaftswachstum von 3,6 % melden konnte, stand in Griechenland vor der vier ein minus.[12] Das heißt, Griechenland ist 2010 noch tiefer in die Rezession gerutscht als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosigkeit schnellte rasant in die Höhe. Im Mai 2010 war sie im Vergleich zum Vorjahr um 43 % gestiegen, womit der höchste Stand seit Beginn der monatlichen Statistik 2004 erreicht wurde.[13]

Das Austeritätsprogramm wurde Griechenland unter Kniefällen der griechischen Regierungen aber massivem Widerstand der verordnet. Portugal hat – letztlich vergeblich ─ alles daran gesetzt, die mit einem Spardiktat verbundenen Kredite des Rettungsschirms zu verweigern. Anfang Mai 2011 hat die Regierung – mitten im Wahlkampf – den Kreditantrag gestellt und die Bedingungen der EU akzeptiert. Die Iren reagierten auf das Austeritätsprogramm der EU mit einem fulminanten Wahlsieg von Enda Kenny, der im Wahlkampf angekündigt hat, die Kreditbedingungen neu zu verhandeln. Die Bundesregierung reagierte darauf mit dem Plan, die Spardiktate über den Pakt zur Wettbewerbsfähigkeit zu verallgemeinern. Sie hatte vorgeschlagen: „Zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit vereinbaren wir (die Regierungschefs der EU, A.F:) als ersten Schritt ein ‚6-Punkte-Programm für mehr Wettbewerbsfähigkeit’, dessen Maßnahmen binnen 12 Monaten national umzusetzen sind: 1. Abschaffung von Lohnindexierungssystemen (was die automatische Anpassung der Löhne an die Inflation meint A.F.) 2. Einigung über gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen zur Förderung der Arbeitsmobilität in Europa 3. Einsatz für Schaffung einer einheitlichen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage 4. Anpassung des Rentensystems an die demografische Entwicklung (z.B. Renteneintrittsalter) 5. Verpflichtung zur Verankerung einer „Schuldenbremse” in die Verfassungen aller Mitgliedstaaten 6. Einführung nationaler Krisenbewältigungsregime für Banken.“

Das muss als Eintritt in ein anderes System der Wirtschaftskoordinierung verstanden werden. An die Stelle der hinter dem Rücken wirkenden Standortkonkurrenz wird ein zentrales benchmark System eingeführt, das von den Unterzeichner der intergouvernementalen Vereinbarung eine Anpassung der sozialen Standards nach unten verlangt. Ziel ist es ja nicht das Rentenalter nun gemeinsam auf beispielsweise 62 Jahre festzulegen, sondern auf 67 anzuheben.

3.    Pakt für den Euro – Plus

Im Prozess der Einigung zwischen den Regierungen am 11.März 2011 gab es Abweichungen vom ursprünglichen Vorschlag der Bundesregierung. Aber der erste Schritt in ein neues System des benchmarkings, das zwischen den Bundesländern in Deutschland schon z.T. elaboriert angewendet wird, ist getan. Der Pakt für den Euro funktioniert als politische Selbstverpflichtung der Regierungschefs. Diese sollen zukünftig im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik gemeinsame Ziele vereinbaren und die gleichsam runter brechen auf „konkrete nationale Verpflichtungen“, die sie jedes Jahr eingehen sollen und deren Umsetzung von der Kommission mittels jährlicher Berichte überwacht wird.

Die Zielsetzungen des Paktes hören sich noch recht allgemein verträglich an, nämlich :

  • Förderung der Wettbewerbsfähigkeit
  • Förderung der Beschäftigung
  • Weiterer Beitrag zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
  • Stärkung der Finanzstabilität.“

Wie dann allerdings die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit aussehen soll, hat es in sich. Es geht um ein benchmarking bei den Lohnkosten. So heißt es im Pakt: „Um zu beurteilen, ob die Löhne sich entsprechend der Produktivität entwickeln, werden die Lohnstückkosten über einen Zeitraum hinweg beobachtet und dabei mit den Entwicklungen in anderen Ländern des Euro-Währungsgebiets und in den wichtigsten vergleichbaren Handelspartnerländern verglichen werden. Für jedes Land werden die Lohnstückkosten für die Wirtschaft insgesamt und für jeden wichtigen Sektor bewertet.“ Und man ahnt, was folgt: Die Entwicklung der Löhne muss gebremst werden, wenn die Lohnstückkosten gegenüber den anderen Mitgliedsstaaten zu hoch geraten. Maßnahmen mit denen national sichergestellt werden soll, dass die Lohnstückkosten im benchmark bleiben, sollen sein:

  • „Überprüfung der Lohnbildungsregelungen und erforderlichenfalls des Grads der Zentralisierung im Verhandlungsprozess und der Indexierungsverfahren, unter gleichzeitiger Wahrung der Autonomie der Sozialpartner bei den Tarifverhandlungen;
  • Sicherstellung, dass die Lohnabschlüsse im öffentlichen Sektor den auf eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gerichteten Anstrengungen im Privatsektor förderlich sind (eingedenk der wichtigen Signalwirkung der Löhne des öffentlichen Sektors).“

Im ersten Punkt findet sich die von der BRD geforderte Abschaffung des Lohnindexierungsverfahren. Aber erfasst wird mehr, so dass es auch den Regierungschefs auffiel, wo der Konfliktpunkt liegt: in der Tarifautonomie. Der Vorschlag läuft auf eine zentrale, politische Koordinierung oder Festlegung der Lohnpolitik hinaus – wohlgemerkt nach unten. Umgekehrt meint der Pakt immer noch die Produktivität durch Privatisierung, Marktöffnungen und Beschleunigung von Verwaltungsverfahren verbessern zu können. Die Beschäftigung soll durch „Flexicurity“, also durch Abbau von Kündigungs- und sonstigen Schutzvorschriften für Arbeitnehmer und durch Steuersenkung gefördert werden.

Die „Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen“ soll durch die „langfristige Tragfähigkeit von Renten, Gesundheitsvorsorge und sozialleistungen“ verbessert werden – gemeint sind natürlich Kürzungen im gesamten Bereich der Sozialleistungen, wobei die Hochsetzung des Rentenalters wieder euphemistisch umschrieben wird als: „Angleichung des Rentensystems an die nationale demografische Situation, beispielsweise durch Angleichung des tatsächlichen Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung oder durch Erhöhung der Erwerbsquote.“

Der Pakt für den Euro befürwortet die Verschärfung des Stabilitäts-und Wachstumspaktes und weist darauf hin, dass nun auch die Gesamtverschuldungsgrenze von 60 % ernst zu nehmen sei – was man allerdings nie anders verstehen konnte. Um eine Senkung der Gesamtverschuldung, die inzwischen bei fast allen Euro-Ländern über 60 % liegt zu erreichen, wird den Staaten eine Schuldenbremse vorgeschlagen. Vorbild ist natürlich die deutsche Schuldenbremse, die eine Neuverschuldung über 0,35 % des BIP verbietet. Damit baut man Schulden in dem Rahmen ab, in dem das BIP schneller wächst als 0,35 % – es kann also was dauern unter 60 % zu kommen, wenn man wie die BRD bei ca. 80 % oder Griechenland bei 120 % liegt. Vor allem darf nichts dazwischen kommen. Neue Konzepte sind das nicht.

Neu ist allerdings folgender Vorschlag: „Über die vorgenannten Fragen hinaus wird der Koordinierung der Steuerpolitik Aufmerksamkeit gewidmet.“ Das geht natürlich ans eingemachte der nationalen Souveränität und im AEUV konnte man sich – wie gesehen – nur auf Kompetenzen für indirekte Steuern einigen. Deshalb wird nachgeschoben: „Die direkte Besteuerung fällt weiterhin in die nationale Zuständigkeit.“ Aber dann kommt der eigentliche Vorschlag: „Die Entwicklung einer gemeinsamen Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage könnte ein einkommensneutraler Weg sein, wenn es darum geht, für die Kohärenz der nationalen Steuersysteme unter gleichzeitiger Wahrung der nationalen Steuerstrategien zu sorgen.“ Die Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage könnte der Einstieg in eine europäische Steuerpolitik sein. Das ist zu begrüßen, weil dem race to the bottom ein Ende gesetzt werden könnte – aber es ist vertragswidrig oder läuft zumindest an diesem vorbei.

Beschlossen wurde gleichzeitig der EMS, der Europäische Stabilitätsmechanismus, über den in Finanznot geratene Mitgliedstaaten, wie Griechenland, Portugal, Irland ab 2013 Kredite erhalten können – natürlich im Gegenzug zu einschneidende „Restrukturierungsmaßnahmen“ der Finanzen und der Ökonomie, die gemeinsam mit dem IWF ausgehandelt werden. Ursula Engelen-Kefer bewertet diese Politik so: „Gerettet wird nicht der Euro, sondern die Finanzindustrie – auf Kosten der Steuerzahler. Dies verschärft die Spaltung der Gesellschaft in den 17 Euroländern und gefährdet die Integration der inzwischen 27 EU-Mitgliedsländer insgesamt.“[14]

4.    Machtverschiebungen

Die Pakte für den Euro haben außer den material-inhaltlichen Folgen eines zentralisierten Drucks auf die Sozialsystem auch prozedurale Folgen, die sich als Machtverschiebung jenseits der EU-Verträge thematisieren lassen. Über eine intergouvernementale Vereinbarung werden die Institutionen der EU sowie die Kompetenzvorschriften umgangen. Die Institutionenordnung der Europäischen Union sieht eine Beteiligung der Kommission und des Europäischen Parlaments vor, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren als Zustimmungspflicht konzipiert ist. Die Verträge entsprechen zwar nicht den staatlichen Anforderungen an einen demokratischen Gesetzgebungsprozess, wie das BVerfG im Lissabon Urteil festgestellt hat[15], aber neben der demokratischen Beteiligung beinhaltet der Vertrag auch eine Machtverteilung i.S. eines check and balances zwischen Kommission, Parlament und Europäischem Rat. Über intergouvernementale Vereinbarungen verselbstständigt sich der Europäische Rat gleichsam, die Regierungschefs treffen nun Entscheidungen ohne die anderen Institutionen ─ und nach den Verfahrensregeln ─ der Verträge. Die Kontrolle durch eine Volksvertretung entfällt ebenso wie eine gerichtliche Kontrolle, da der EuGH im Zweifel nicht über Vereinbarungen, die außerhalb des rechtlichen Rahmens der EU geschlossen werden, urteilen kann. Guy Verhofstadt, ehemaliger Ministerpräsident in Belgien, bezeichnete das als „Merkels Putsch gegen die EU“ und argumentiert: „Denn das ist das Problem der zwischenstaatlichen Methode: Jeder ist gleich, aber Angela Merkel ist gleicher – sogar gleicher als Nicolas Sarkozy. … Wenn Frankreich und andere Einfluss auf die Definition dieser Politik und die Mechanismen für deren Umsetzung haben wollen, ist es an der Zeit, die EU Kommission, als Garanten für das gemeinsame europäische Interesse, ans Steuer zu lassen und die ‚Unionsmethode’ gegen die ‚Gemeinschaftsmethode’ einzutauschen. Die Zügel Europas allein Deutschland anzuvertrauen hieße, das Risiko eines schmerzhaften Erwachens des Nationalismus unter seinen Nachbarn auf sich zu nehmen. Und ein solches Wiedererstarken des Nationalismus ist das Letzte, was Europa braucht.[16] Der EMS soll nun ein ganz merkwürdiges Zwittergebilde werden, denn: „Der ESM wird durch einen Vertrag zwischen den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets als zwischenstaatliche Organisation nach dem Völkerrecht eingerichtet.“ Gleichzeitig soll aber Art. 136 AEUV ergänzt werden, um die Ermächtigung einen Stabilitätsmechanismus einzurichten. Und die Kommission wird von der neuen „völkerrechtlichen Organisation“ zu Hilfsdiensten herangezogen, sei sol nämlich zusammen mit der EZB und dem IWF den tatsächlichen Finanzierungsbedarf des Mitgliedstaates bewerten.

Die Kompetenzen der EU nach dem Lissaboner Vertrag sind wie gesehen im Bereich des Steuerrechts und des Sozialrechts sehr begrenzt und mit hohen prozeduralen Hürden versehen. Der Wettbewerbspakt würde nun gerade diese Kompetenzbereiche außerhalb des Vertrages erweitern, was aber für die Bürgerinnen und Bürger die gleichen realen Folgen haben könnte, wie ordnungsgemäße Entscheidungen der EU. Im Lissabon Urteil hat das BVerfG entschieden, das Kompetenzerweiterungen der EU grundsätzlich eines Zustimmungsgesetzes im Bundestag mit einer 2/3 Mehrheit bedürfen. Informale Vereinbarungen zwischen den Regierungschefs sind davon zunächst nicht erfasst und es erscheint fraglich, ob die Bundesregierung gedenkt, sich den Pakt mit den entsprechenden Mehrheiten im Bundestag und –rat absegnen zu lassen. Das wäre nicht nur ein Putsch gegen die EU, sondern auch gegen die deutschen Volksvertretungen.

Die Geschichte arbeitet allerdings manchmal mit einer List. Die einheitliche Körperschaftssteuer soll nach der Intention der Bundesregierung wohl nicht auf das irische Niveau gesenkt werden, sondern eher die Spirale nach unten bei den Unternehmenssteuern stoppen. Man könnte auch sagen: die Bundesregierung versucht den Euroländern ihr System aufzudrücken. Aber der für die öffentlichen Haushalte und das Sozialsystem verheerende Verzicht auf die Besteuerung der Reichen könnte auf diesem Weg begrenzt und möglicherweise umgekehrt werden. Dazu müsste es aber auch in Deutschland eine Opposition jenseits der LINKEN geben, die eine andere politische Marschrichtung verfolgt.


[1] http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=DOC/11/3&format=HTML&aged=0&language=DE&guiLanguage=en.

[2] Franzius, C.: Gewährleistung im Recht (Tübingen 2009), S. 373.

[3] European Railway Agency, Empfehlung zum Verhältnis zu Eisenbahnnetzen mit einer Spurweite von 1520/1524 mm (ERA/REC/03-2008/INT).

[4] EuGH RS-C-163/94, C-165/94 und C-250/94.

[5] Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) und Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG usw.

[6] BT-Drs. 15/1553, S. 67

[7] Aber: Auch im Bereich Soziales gibt es eine eindeutige Regelungskompetenz der EU, nämlich im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter. So fordert Art. 157 AEUV gleichen Lohn für gleiche Arbeit und normiert in Abs. 3 eine Gesetzgebungskompetenz im Bereich „Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit.“ Einschränkungen gibt es keine und beschlossen wird im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, d.h. nach dem Mehrheitsprinzip. Für die Ökonomie der Finanzmärkte oder die Wettbewerbsordnung der EU ist es dysfunktional, dass das Potenzial gut ausgebildeter und ehrgeiziger Mittelschichtfrauen nicht genutzt wird. Der Wettbewerb leidet nicht, sondern wird erhöht, wenn patriarchale Klischees und Rollenzuschreibungen bei der Integration des europäischen Marktes „verdampfen“ – wie Marx es im kommunistischen Manifest formuliert hat.

[8] Brenke, K.: Reallöhne in Deutschland über mehrere Jahre rückläufig, DIW Wochenbericht 33/ 2009.

[9] Flassbeck, H.: Merkels Pakt, des Euros Pleite, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 3/2011, S. 12.

[10] Vgl. Antrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP vom 22.22011. Angefügt werden soll absatz 3 mit folgendem Wortlaut: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.”

[11] http://ec.europa.eu/economy_finance/sgp/pdf/30_edps/104-09_commission/2010-02-03_el_126-9_commission_en.pdf, S.5.

[12] EU Komission, Economic Forecast, Autumn 2010, http://ec.europa.eu/economy_finance/eu/forecasts/2010_autumn_forecast_en.htm

[13] Wirtschaftsblatt v. 12.8.2010, http://www.wirtschaftsblatt.at/home/international/wirtschaftspolitik/rezessions-alarm-in-griechenland-bip-schrumpft-um-15-prozent-433929/index.do.

[14] http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/sozialdumping-als-rezept/.

[15] BVerfGE 123, 267.

[16] Verhofstadt, Guy, Merkels Putsch gegen die
EU, FTD 3.3.2011, S.24.

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Thema: Arbeit & Wirtschaft, Europa

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